An diesen beiden "kinderleichten" Seminartagen werden wir einfache Wege kennenlernen, mit Kindern gemeinsam Geschichten zu erfinden und diese mit ihnen gemeinsam zu erzählen, zu erzählspielen und zu gestalten.
Zudem sind Sie eingeladen, sich vom lebendigen Vorlesen hin zum freien Erzählen zu entwickeln - mit eigenen Worten, in entspannter, wohlwollender Atmosphäre. Ihre eigenen ‘Lieblingsgeschichten’ sind willkommen,- zum Üben und ausprobieren haben wir viele schöne Geschichten dabei.
jeweils Freitag 18 Uhr bis Sonntag 13 Uhr (mit Übernachtung und Verpflegung im Seminarhaus)
Dr. Norbert Kober
Weitere Informationen und Anmeldungen: Tel.: +49 (0)89/ 12221800-1 oder -> Kontakt
Ein aktueller Artikel von Norbert Kober über das Erzählen in der Kita (einfach draufklicken):
Stuttgarter Zeitung, 07.01.2023
Ein Artikel über Goldmund-Erzählen in der Zeitschrift "Eltern" von Simone Blaß am 18.10.2017
Wenn jemand gut erzählen kann, die Betonung richtig setzt und allein durch seine Stimme Spannung aufbauen kann, hört jeder gerne zu. Doch man muss kein professioneller Geschichtenerzähler
oder Schauspieler sein, um bei Kindern die Begeisterung für eine Geschichte zu wecken. Ein paar kleine Tricks reichen, um zu Hause zu einem gefragten Erzähler zu
werden.
Glaubt man den PISA-Studien, lesen über 40 Prozent aller Kinder nicht zum Vergnügen. Manche empfinden das Lesen eines Buches sogar als anstrengend - ist es doch einfacher, sich vor den Fernseher
zu setzen und sich berieseln zu lassen. Jetzt könnte man es sich leicht machen und sagen: Viele dieser Kinder bekommen es ja auch nicht anders vorgelebt. Eltern schuld. Punkt.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn erstens lesen viele Eltern in ihrer Freizeit - wenn auch nicht unbedingt Bücher - und zweitens ist die abendliche Gute-Nacht-Geschichte weit verbreitet.
Immer am gleichen Ort, zur gleichen Zeit und mit dem gleichen Ablauf hat sie einen rituellen Charakter, der es dem Kind erlaubt, zur Ruhe zu kommen und den Tag innerlich abzuschließen.
"Grundsätzlich ist Vorlesen immer gut. Aber manchmal sind die Gute-Nacht-Geschichten zu aufwühlend für ein Kind. Ein besonders guter Zeitpunkt für eine Geschichte sind Übergangszeiten, zum
Beispiel die Zeit nach dem Abendessen", erklärt Doktor Norbert Kober, künstlerischer Leiter des Vereins Goldmund Erzählakademie. "Es gibt Geschichten, die tausend Fragen im Kopf des Kindes
öffnen. Und dann bleibt noch Zeit, diese zu beantworten." Ein besonderes Problem sieht auch er darin, Kindern statt der Gutenacht-Geschichte den Fernseher anzumachen. "Auf dem Schoß und
vorgelesen von Papa, Mama oder Oma, kann ein und dieselbe Geschichte ganz andere Auswirkungen auf ein Kind haben, als wenn sie aus dem Fernseher kommt. Vor dem Bildschirm werden viele Kinder
allein gelassen mit den Inhalten, denen sie seelisch und emotional ausgesetzt sind."
Im Gegensatz zum Fernsehen entsteht beim Vorlesen oder freien Erzählen ein Dialog. Es ist ein Mensch da, mit dem man sprechen und den man fragen kann. So gelingt es viel leichter, auch schwierige Inhalte wie den Umgang mit Gewalt zu verarbeiten und vielleicht sogar daraus zu lernen. "Letztendlich sind Geschichten Möglichkeiten zur Weltbewältigung und ein sinnvoller Ausgleich zu einem Überangebot an Bildern durch Fernsehen, Magazine und Computer", meint der Autor des Buches "Die Könnerschaft mündlicher Erzählkunst".
Früher war es gang und gäbe, klassische Märchen an die Kinder weiterzugeben und ihnen damit Werte- und
Gesellschaftsverständnis zu vermitteln. Dafür eignet sich auch so manche moderne Geschichte. Das Problem ist, dass wir nicht mehr abends gemeinsam am Feuer sitzen und uns Geschichten erzählen.
Die Folge davon: Erwachsene denken oft, sie seien nicht gut im Vorlesen und lassen es gleich ganz bleiben. Dabei erwarten Kinder gar keine geborenen Erzähler, sondern jemanden, der mit Freude und
ein wenig Fantasie bei der Sache ist.
Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat gezeigt, dass sich das Vorlesen bis zu einem Alter von 13 Jahren positiv auf Kinder auswirkt. "Natürlich sind ab einem gewissen Alter sprecherzieherische Fähigkeiten von Vorteil, weil sie dem Zuhörer mehr Vergnügen bereiten. Aber bis zur ersten, zweiten Klasse geht es allein darum, dass sich das Elternteil mit der Geschichte dem Kind zuwendet."
Am einfachsten ist es, wenn man ein Kind von klein auf an Bücher gewöhnt, indem man mit simplen Symbolbüchern beginnt und über Bilderbücher langsam zum Lesen kommt. Aber auch ein Kind, das sich in jungen Jahren nicht besonders für Bücher interessiert hat oder dem keine angeboten wurden, kann später noch begeistert werden. Gute Kinderbücher, die sich auch prima zum Vorlesen eignen, gibt es für jedes Alter zuhauf. Wenn man ein Kind zum Lesen beziehungsweise Zuhören motivieren möchte, muss man sich erst einmal mit dessen Interessen beschäftigen und ein Buch finden, das genau da angreift.
Viele Eltern sind unsicher in der Auswahl. Die besten Tipps bekommt man nicht nur von Buchhändlern, sondern auch von anderen Eltern. Oder man erinnert sich an die Klassiker, die man selbst als Kind gemocht hat. "Pippi Langstrumpf", "Pumuckl" oder die "Fünf Freunde" sind auch heute noch topaktuell.
Beginnt man ein neues Buch, bietet es sich an, zunächst mal über den Umschlag und den Titel zu sprechen und sich gemeinsam zu überlegen, welchen Inhalt es haben könnte. "Dann frage ich die Kinder
immer, ob wir mal reinschauen wollen. Und sie wollen immer! Kommt die Hauptperson dann im Laufe der Geschichte in schwierige Situationen, halte ich inne und frage die Kinder, was sie machen
würden und was sie glauben, wie die Figur handeln wird." Am Schluss kommt die emotionale Nachbereitung. Zum Beispiel, indem man noch einmal über die Geschichte spricht, gemeinsam überlegt, ob man
dieses Ende erwartet hätte.
Für Norbert Kober sind Geschichten immer auch ein Parallelleben. "Hier kann man in eine andere Welt flüchten, die man selbst nicht erleben kann." Seine Leidenschaft hat er zum Beruf gemacht und
schätzt als professioneller Geschichtenerzähler vor allem das Arbeiten mit kleinen Kindern: "Es ist ein Glück für mich, wenn ich spüre, dass Kinder durch Geschichten Weltbewältigungsstrukturen
aufnehmen und wenn sie damit selbst zu kommunikativ interessierten Lesen werden. Die Erzählfreude des Kindes ist immer bereits da, sie muss nur gestützt beziehungsweise gefördert werden. Durch
das Vorlesen der Eltern gewinnt das Kind Freude an Sprache. Man muss diese Fackel nur anzünden!"
Doch nicht nur das Vorlesen ist gut für Kinder, ihre Sprachkompetenz und damit auch fürs spätere Lernen, sondern auch das freie Geschichtenerzählen. Wobei man hier der Fantasie völlig ihren Lauf
lassen kann. Meist ist man erstaunt darüber, wie viele Anregungen man von den Kindern für weitere Geschichten erhält. Die Figuren kann man übrigens ebenfalls gemeinsam erarbeiten, zum Beispiel
die Lieblingskuscheltiere gedanklich auf die Reise schicken. Besonders gerne mögen vor allem kleinere Kinder auch die Geschichten, in denen sie selbst mitspielen, vielleicht sogar der Held oder
die gute Fee sind, Abenteuer bestehen und sich damit selbst in einem anderen Licht betrachten können.
Wem das noch eine Nummer zu schwer ist, der kann auch einfach eine interessante Begebenheit aus dem Alltag ein wenig ausschmücken, Elemente eines gemeinsamen Ausflugs aufgreifen oder sich auf
seine eigene Kindheit besinnen und einen "Schwank" aus seinem Leben zum Besten geben. Kinder lieben es, mehr darüber zu erfahren, wie man selbst als Kind war, was man erlebt hat und was einem
Freude beziehungsweise Angst bereitete. Hier darf man ruhig mal ein bisschen übertreiben, denn eine gute Geschichte ist immer eine Mischung aus Alltäglichem und Fantastischem.
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